POLNISCHE HERRSCHER UND IHRE VERDIENSTE FÜR DIE POLNISCHE STAATLICHKEIT

Joanna Orzeł
Universität Łodz

MIESZKO I

Mieszko I. (ca. 960-992) wird allgemein als Gründer der polnischen Staatlichkeit angesehen. Obwohl er nie König wurde, ist es unmöglich, seine Verdienste um das damals sich noch im Entstehen befindende Polen nicht zu würdigen. Mieszko I. musste die Oberherrschaft des Heiligen Römischen Reiches (gemeinhin als Römisch-Deutsches Reich bezeichnet) anerkennen. Er betrieb jedoch eine gut durchdachte Politik und strebte die Unabhängigkeit für sich und seine Untertanen an. 

Einerseits unterwarf er dank der von ihm geführten Kriege immer mehr Gebiete (Westvorpommern und Danzig, Großpolen, Schlesien, Kleinpolen, ein Teil von Masowien), woraus sich später die künftigen Grenzen Polens herauskristallisierten. Andererseits wurde der polnische Staat, dank der Taufe von Mieszko I. im Jahr 966, Mitglied der christlichen Familie und damit der westeuropäischen Kultur. 

Von da an konnte die Position Polens gegenüber anderen christlichen Staaten Westeuropas nicht mehr in Frage gestellt werden. Das Datum dieser Taufe ist zugleich der symbolische Beginn der polnischen Staatlichkeit, denn die langfristige Folge der Christianisierung war die Konsolidierung der Gesellschaft und die Stärkung der inneren Organisationsstruktur Polens.

BOLESŁAW CHROBRY

Das Werk von Mieszko I. zur Festigung der Unabhängigkeit des polnischen Staates wurde von seinem Sohn Bolesław Chrobry (992-1025) fortgesetzt. Sein Name bedeutet „hochberühmt” und der von den Ruthenen verliehene Beiname wird als „mutig”, „tapfer” übersetzt. Er erweiterte die Grenzen Polens: im Osten eroberte er die Rus (mit Kiew als Hauptstadt), im Westen annektierte er die Lausitz und Milzig, im Süden – die Mähren. Seinen ständigen Kriegen verdankt er seinen Spitznamen, den er auch vollkommen verdient. Vor allem aber erwies sich das Christentum als Schlüssel zur Festigung der Bedeutung Polens auf der internationalen Bühne. Die Gründung weiterer Bistümer (in Krakau, Kolberg und Breslau) und eines Erzbistums in Gnesen sowie die Unterstützung von Christianisierungsmissionen (insbesondere des später heiliggesprochenen Adalbert in Preußen) beeinflussten die sehr positive Wahrnehmung des polnischen Herrschers durch den römischen Kaiser Otto III. Er war es, der Bolesław Chrobry als unabhängigen Herrscher anerkannte, was einen großen Einfluss auf die Festigung der Souveränität Polens in Europa hatte. Während des Aktes von Gnesen im Jahr 1000 setzte der Kaiser sein Diadem auf die Schläfen von Chrobry, was jedoch keine formelle Krönung war. Leider führte der Tod des Kaisers und des Papstes, die dem polnischen Herrscher wohl gesonnen waren, dazu, dass erst 1025, kurz vor Chrobrys Tod, die symbolische, aber überaus wichtige Betonung der polnischen Subjektivität vollzogen 

wurde. Damals wurde Bolesław Chrobry zum ersten Herrscher Polens gekrönt und der polnische Staat konnte nicht mehr als abhängig von anderen, vor allem vom Heiligen Römischen Reich, angesehen werden.

KAZIMIERZ I ODNOWICIEL

Die politischen Verwirrungen der folgenden Jahre führten dazu, dass Polen einige Gebiete verlor sowie in eine Krise stürzte, die vor allem durch die fehlende zentrale Herrschaft verursacht wurde. Die Situation versuchte Prinz Kazimierz, der später nicht ohne Grund der „Erneuerer“ (pol. Odnowiciel, 1034-1058) genannt wurde, zu verbessern. Vor allem wollte er den Staat wieder vereinen und die Organisation – Staat und Kirche – wieder aufbauen. Wie einst Mieszko I. die böhmische Herzogin Dubrawka heiratete, was dazu führte, dass er die Taufe empfing, so stützte Kazimierz seine Politik ebenfalls auf eine Heirat, denn er heiratete die ruthenische Herzogin Maria Dobroniega, die Schwester des Großfürsten der Kiewer Rus, Jaroslaw des Weisen. Er war es, der Kazimierz half, mit seinen Feinden fertig zu werden und Masowien und Schlesien an Polen anzugliedern (obwohl er im Falle der letztgenannten Gebiete jedes Jahr ein Tribut an die Tschechen zahlen musste). Dank der Herrschaft von Kazimierz Odnowiciel stabilisierte sich sowohl die innere als auch die äußere Position Polens, auch wenn sie alles andere als glanzvoll war. Obwohl er wahrscheinlich vom Kaiser abhängig und sein Staat schwächer war als der von Mieszko I. und Bolesław Chrobry, sollten die Bemühungen von Kazimierz um die Rückgewinnung der ehemaligen Piasten-Gebiete und den langsamen Wiederaufbau des Staates gewürdigt werden.

WŁADYSŁAW ŁOKIETEK

Die nächsten Jahre, insbesondere während der Zeit der Kleinstaaterei ab 1138, waren für Polen schwierig. Kraft des Statutes von Bolesław Krzywousty (dt. Bolesław III. Schiefmund) wurde Polen in Bezirke aufgeteilt, die von einzelnen Fürsten regiert wurden. Zwischen ihnen und ihren Nachfolgern kam es zu Streitigkeiten, die von anderen, darunter dem Deutschen Orden, geschickt ausgenutzt wurden. Der Orden wurde 1226 nach Polen gebracht, um unter anderem das Christentum in den preußischen Gebieten zu verbreiten, und bildete einen immer stärker werdenden Staat. Vor allem seine Eroberung von Danzig-Pommern auf Kosten Polens in den Jahren 1308-1309 war ein großer Erfolg. Erst Władysław Łokietek (dt. Władysław I. Ellenlang, 1306-1333) bewältigte die Herausforderung der Wiedervereinigung der polnischen Gebiete. Das vertragliche Datum der Vereinigung ist das Jahr 1320, das Datum der Krönung von Władysław (der ersten in Krakau). Obwohl Łokietek von Westeuropa nicht als König von Polen anerkannt wurde (er wurde als „König von Krakau” bezeichnet), legte er eine solide Grundlage für die Wiederherstellung der staatlichen Unabhängigkeit. Vor allem aber bestätigte er symbolisch den Status Polens als Monarchie. Außerdem erwies sich die von ihm verfolgte Außenpolitik als wirksam. Vor dem päpstlichen Gericht gewann er den Prozess gegen den Deutschen Orden, Danzig-Pommern an Polen zurückgeben sollte.

 Leider wurde das Urteil nicht vollstreckt, und es war klar, dass um solch wichtige Gebiete bewaffnet gekämpft werden musste. Łokietek suchte nach Verbündeten im Osten – und ihm verdankt Polen tatsächlich ein jahrhundertelanges Bündnis mit Litauen. Als Zeichen der polnisch-litauischen Allianz wurden die Kinder der Herrscher verheiratet: die Tochter des Großfürsten von Litauen Gediminas – Aldona (nach ihrer Taufe Anna genannt) und Łokieteks Sohn Kazimierz, der in der Zukunft nicht ohne Grund der Große (pol. Wielki, 1333-1370) genannt wurde.

KAZIMIERZ III WIELKI

Sein Beitrag zur Entwicklung des Landes (man sagt ja: „Er fand ein hölzernes Polen und hinterließ ein ziegelsteinernes.”) ist in das öffentliche Bewusstsein eingedrungen, auch wenn betont werden muss, dass er ohne die von seinem Vater ergriffenen Maßnahmen nichts zu reformieren gehabt hätte. Hervorzuheben ist auch die umsichtige Außenpolitik von Kazimierz Wielki, dank der er eine Eskalation der Konflikte mit seinen Nachbarn (vor allem dem Deutschen Orden) vermied. Darüber hinaus eroberte er bedeutende Gebiete im Osten.

Während seiner Regierungszeit wurde der gestärkte polnische Staat zu einem wichtigen Akteur auf der internationalen Bühne, was durch den Kongress der europäischen Herrscher in Krakau im Jahr 1364 (mit dem berühmten Festmahl bei Wierzynek) symbolisiert wurde, der als Demonstration der Macht des polnischen Königs gedacht war. Im öffentlichen Bewusstsein wird die Bedeutung Polens unter den Jagiellonen oft hervorgehoben, aber es war Kazimierz Wielki, der den Grundstein für die Macht des Staates unter dieser Dynastie legte.

WŁADYSŁAW JAGIEŁŁO

Sein erster Vertreter war Władysław Jagiełło (1386-1434), der noch als Großfürst von Litauen 1385 eine Union mit Polen schloss. Darin nahm er das Christentum an und verpflichtete sich, das Großfürstentum Litauen zu christianisieren und die Königin Jadwiga (dt. Hedwig) zu heiraten. Das Territorium Litauens war viel größer als das Polens, was, als die beiden Staaten durch die Person des Königs vereinigt wurden, ein riesiges Gebiet ergab. Dies war der Auftakt zur Schaffung des größten Staates in Europa durch die spätere Union von Lublin (1569). Die Vertiefung der Beziehungen zwischen Polen und Litauen im Rahmen des von Jagiełło geschlossenen Abkommens war auch für die wirtschaftliche Entwicklung förderlich. Die Christianisierung Litauens, wie auch Polens in der Vergangenheit, brachte das Land in den Kreis der lateinischen, westlichen Kultur, was ein deutliches Zeichen für das immer noch bedrohliche Großfürstentum Moskau war, dass es immer schwieriger werden würde, dort Unterstützung zu finden. 

Die Vereinigung mit Polen war ein bewusster Schritt von Jagiełło – sie sollte die Kriege der Litauer gegen den Deutschen Orden unterstützen. Die polnischen und litauischen Armeen schlossen sich gegen einen gemeinsamen Feind zusammen. Trotz des äußerst wichtigen Sieges über den Deutschen Orden in der 

Schlacht von Grunwald (am 15. Juli 1410), einer der größten Schlachten des Mittelalters, gelang es nicht, Danzig-Pommern zurückzuerobern. Władysław Jagiełło kämpfte jedoch weiter, nicht nur auf dem Schlachtfeld, sondern auch auf diplomatischem Wege.

KAZIMIERZ IV JAGIELLOŃCZYK

Leider konnte der Konflikt mit dem Deutschen Orden nicht so schnell beendet werden. Trotz mehrerer siegreicher Schlachten gelang es erst Kazimierz Jagielończyk (dt. Kasimir IV. Andreas Jagiellone, 1447-1492), Danzig-Pommern im Jahr 1466 (als Königliches Preußen) zurückzuerobern. Dies hatte auch zur Folge, dass jeder nachfolgende Hochmeister Lehnseid leisten musste. Dieser Erfolg war vor allem ein Symbol, das die Macht des polnischen Staates unterstrich.

Kazimierz Jagielończyk zeichnete sich auch in der Innenpolitik aus. Was für die polnische Staatlichkeit besonders wichtig ist: Unter seiner Herrschaft entwickelte sich der Parlamentarismus unter den Adeligen. Der erste Sejm mit Vertretern des Adels, die zuvor auf den Sejmiks gewählt worden waren, tagte 1468. Es war der Mitteladel, auf den Kazimierz Jagielończyk seine Herrschaft stützte, während er sich gleichzeitig dem Hochadel widersetzte. Er entwickelte auch das Militär und führte Steuerreformen durch. Er strebte einen stärkeren staatlichen Zentralismus an. Die Regierungszeit von Kazimierz Jagielończyk war eine der glorreichsten Perioden des Polnischen Königreichs und er als Herrscher selbst wird oft als der beste polnische König angesehen..

 Er hatte nicht nur einen überwältigenden Einfluss auf die Festigung der polnischen Souveränität, sondern erweiterte auch seinen eigenen Einfluss. Er setzte zunächst seinen Sohn Władysław auf den Thron von Böhmen (1471) und dann von Ungarn (1490), während seine Töchter europäische Herrscher heirateten: Jadwiga wurde Herzogin von Bayern, Zofia, Markgräfin von Brandenburg, Anna, Herzogin von Pommern und Kaschubei, Barbara, Herzogin von Sachsen und Elżbieta, Herzogin von Liegnitz. Durch diese Bemühungen festigten die Jagiellonen ihre Position in einem immer größer werdenden Gebiet Mittel- und Osteuropas und sorgten gleichzeitig für die Sicherheit Polens

ZYGMUNT I STARY

Einer der Söhne von Kazimierz Jagielończyk war Zygmunt, der aufgrund seiner vier älteren Brüder nicht zum König erzogen wurde. Nach der kurzen Regentschaft von Jan Olbracht und Aleksander Jagielończyk wurde er jedoch Herrscher von Polen. Der Herrschaft Zygmunts und seines Sohnes Zygmunt August ist es zu verdanken, dass das 16. Jahrhundert in der polnischen Geschichte oft als das „Goldene Zeitalter” bezeichnet wird. Zygmunt Stary (dt. Sigismund der Alte, 1507-1548) war in vielen Bereichen erfolgreich. Er stärkte den Staat durch eine umsichtige Außenpolitik und musste mit vielen Gegnern zurechtkommen. Denn in Ungarn wuchs zu dieser Zeit der Einfluss der Habsburger, die auch den Deutschen Orden beeinflussten. Der Hochmeister des Deutschen Ordens, Friedrich von Sachsen, setzte sich beim Kaiser Maximilian dafür ein, dem polnischen König keinen Tribut mehr zu zahlen, was seit 1466 seine Pflicht war. Kaiser Maximilian erwies sich auch als Verbündeter des Großfürsten Wassili III. von Moskau, der Kiew, Smolensk und Polozk – die zu Polen gehörten – erobern wollte. Polen wurde also von mehreren Seiten bedroht. Nach einem Angriff Moskaus verlor Polen Smolensk, aber nach der Schlacht bei Orscha (1514), die wiederum von den Polen gewonnen wurde, kündigte Maximilian das Abkommen mit Wassili. Dieser Sieg wurde vor allem zu einem großen Propagandaerfolg auf der internationalen Bühne für Zygmunt Stary. 

Es wurden Beschreibungen von dieser Schlacht in der Presse veröffentlicht (auch vom päpstlichen Nuntius) und an die wichtigsten europäischen Hauptstädte geschickt. Sie stellten die Doppelzüngigkeit Kaiser Maximilians dar, der zuvor Zygmunt Stary eines antichristlichen Verhaltens gegenüber dem Deutschen Orden bezichtigt hatte, selbst aber ein Bündnis mit Moskau eingegangen war.

Für Zygmunt Stary war jedoch klar, dass es besser war, keinen bewaffneten Konflikt mit den Habsburgern zu beginnen. Der polnische König beseitigte die Bedrohung mit friedlichen Mitteln. Einerseits hatte er bereits vor dem Bündnis des Kaisers mit Moskau die Beziehungen zu Ungarn gestärkt, um indirekt die Einflüsse der Habsburger zu schwächen. Er heiratete Barbara Zápolya, eine Vertreterin der Anführer der nationalen Partei in Ungarn (Gegner der Habsburger). Anderseits löste er das Problem mit dem Deutschen Orden. Zygmunt Stary nahm am 10. April 1525 auf dem Marktplatz von Krakau den Huldigungseid des letzten Hochmeisters des Deutschen Ordens, Albrecht Hohenzollern, entgegen. Dies war ein äußerst bedeutendes Ereignis. Es brachte die Säkularisierung des Deutschordensstaates (damals entstand das Herzogtum Preußen), das ein Lehen des polnischen Königs wurde, mit sich. Außerdem verpflichtete sich der Herzog von Preußen (d.h. Albrecht), dem polnischen Herrscher bewaffneten Beistand zu leisten, wenn dieser ihn darum bitten würde. Die Macht von Zygmunt Stary dehnte sich damit auf weitere Territorien aus. Er gliederte schließlich auch Masowien in sein Königreich ein, das zu einer vollberechtigten Woiwodschaft wurde.

Der König wählte seine Minister weise aus und kümmerte sich unter anderem um die Finanzen Polens, die Entwicklung der Städte und brachte auch die Zollwirtschaft in Ordnung. Er zog auch zahlreiche Güter zurück, die zum königlichen Besitz gehörten, aber zuvor verpfändet worden waren. Durch die Anhäufung des Vermögens im ganzen Staat und die Vergrößerung des königlichen Besitzes wurde der Monarch zu einem stärkeren politischen Akteur. In dieser Hinsicht wurde seine Politik von seiner zweiten Frau, Bona aus dem Adelsgeschlecht der Sforza, unterstützt. Sie war auch bestrebt, die Position des Monarchen zu stärken, indem sie die Nachfolge ihres Sohnes (Zygmunt August) sicherte. Damals wurde die Königswahl vivente rege (zu Lebzeiten des amtierenden Königs) abgehalten, aber der Adel machte deutlich, dass dies ein Ausnahmefall war.

Große Verdienste hatte Zygmunt Stary auch auf dem Gebiet der Kultur, denn auch sie zeugte zunehmend von der Bedeutung des Staates. Europäische Herrscher engagierten sich immer mehr für das Mäzenatentum und begannen mit dem Anlegen von Kunstsammlungen. Auch Zygmunt Stary legte, nicht zuletzt dank Bona, zunehmend Wert auf die Entwicklung der Kultur in den polnisch-litauischen Gebieten. Sein Sohn, Zygmunt August (dt. Sigismund II. August, 1548-1572), dessen Wandteppiche wir heute noch in Krakau bewundern können, war als Sammler noch erfolgreicher.

ZYGMUNT AUGUST

Der noch zu Lebzeiten seines Vaters gewählte Monarch konnte sich jedoch nicht ausschließlich der Kultur widmen. In der Außenpolitik verlagerte sich der Schwerpunkt vom Süden in den Norden – die Ostsee, zu der vor allem Moskau Zugang haben wollte, spielte eine immer wichtigere Rolle. Auch Zygmunt August war bestrebt, die Küstenlinie des polnisch-litauischen Staates zu vergrößern. Er war vor allem an den Livländern interessiert, denn wenn diese Gebiete unter die Herrschaft Moskaus kämen, würde Litauen ständig von Moskau bedroht werden. Die Vertreter der Livländer selbst entschieden sich für den polnischen Herrscher und nicht für den aus Moskau – sie erkannten die Oberhoheit von Zygmunt August an und erhielten im Gegenzug die Angliederung ihres Gebiets an Polen (bis dahin war es direkt dem König unterstellt). Um einen so großen Staat besser integrieren zu können, versuchte Zygmunt August, die Union mit Litauen von einer Personalunion zu einer Realunion umzuwandeln. Zu diesem Zweck wurde am 1. Juli 1569 in Lublin eine neue Union geschlossen, aus der die Republik Beider Nationen (Königliche Republik der Polnischen Krone und des Großfürstentums Litauen) hervorging – ein großer, starker und bedeutender Staat in seiner besten Zeit.

 

Leider starb 1572 der letzte männliche Vertreter der Jagiellonen-Dynastie. Danach kam die Zeit der gewählten Könige. Nur zweihundert Jahre vergingen zwischen 1572 und 1795 und der polnisch-litauische Staat verlor seine hohe europäische Position und verschwand letztendlich von der Weltkarte. Die freien Königswahlen werden als eine der Hauptursachen für den Untergang der Republik angesehen. Dies bedeutet jedoch nicht, dass es unter den gewählten Königen keine starken Monarchen gab, die für den guten Namen der Republik kämpften und versuchten, den Staat zu reformieren.

STEFAN BATORY

Der erste von ihnen war Stefan Báthory (1575-1586). Der aus Siebenbürgen stammende Herrscher musste sich vor allem mit Problemen im Norden der großen Republik befassen. Die Livländer waren bedroht, da Moskau nach wie vor einen Zugang zur Ostsee anstrebte. Báthory erwies sich als guter militärischer Befehlshaber, aber auch als erfolgreicher Politiker. Um Moskau zu besiegen, wurden nicht nur Söldner oder die hervorragende Kosakeninfanterie angeworben, sondern auch diplomatische Bemühungen unternommen, um den Zaren politisch zu isolieren. Sowohl die neutrale Türkei als auch das Khanat der Krim kamen zu Hilfe, ebenso Schweden, das sich dieses Mal gegen Moskau stellte. Báthory gewann mehrere Schlachten gegen die stärkere Armee von Iwan IV. dem Schrecklichen. Er eroberte fast alle Livländer zurück und vereitelte die Pläne des Zaren, sich den Zugang zur Ostsee zu verschaffen. Vor allem aber stärkten die Erfolge gegenüber Moskau Báthorys Autorität in ganz Europa.

Er plante sogar, nach dem Tod Iwans IV. den Moskauer Staat zu unterwerfen und dann gegen die Türkei vorzugehen, was wiederum zur Befreiung seiner Heimat Siebenbürgen führen sollte. Vielleicht weil er keine männlichen Nachkommen hatte, konzentrierte er sich mehr auf die Außenpolitik und darauf, als großer europäischer Anführer in die Geschichte einzugehen, als auf die Innenpolitik.

WŁADYSŁAW IV WAZA

Władysław IV. Wasa (1632-1648) war der letzte Herrscher, der zu der Zeit regierte, in der die Republik Beider Nationen noch als Macht auf der europäischen Landkarte erschien. Er war vor allem ein ehrgeiziger Herrscher, nur fehlte es ihm an Ausdauer bei der Umsetzung seiner Pläne. Noch zur Lebenszeit seines Vaters Zygmunt III Waza (dt. Sigismund III. Wasa) brachen drei Konflikte aus, die fast das gesamte 17. Jahrhundert andauerten. Unter der Herrschaft von Władysław IV. wurden sie wiederbelebt. 1633 lief der Waffenstillstand mit Moskau aus, 1635 mit Schweden und im Falle der Türkei war die Republik nicht in der Lage, die Friedensbedingungen zu erfüllen (d. h. die Kosakeneinfälle aufzuhalten). Der Krieg drohte von drei Seiten. Moskau griff als erstes an. Władysław IV. reformierte gemäß seinen Verpflichtungen gegenüber seinen Untertanen (pacta conventa) die Armee und marschierte nach Smolensk. Nach einer langen Belagerung kapitulierte Moskau schließlich, jedoch zu ehrenvollen Bedingungen – die Arme des Gegners durfte das Lager bewaffnet verlassen. Damals wollte Władysław IV. den Konflikt so schnell wie möglich beenden, da er wusste, dass der Waffenstillstand mit Schweden auslief, und er war sich bewusst, dass ein Zweifrontenkrieg eine Niederlage für die Republik bedeuten könnte. 

Als Gegenleistung für den Frieden mit Moskau verzichtete Władysław IV. auf den Titel des Zaren von Moskau (den er seit 1610 innehatte) und erkannte die Legitimität der Wahl von Michail Romanow an. Er stellte das Wohl der Republik über seine eigenen Ambitionen. In dieser Zeit konnte auch der drohende Krieg mit der Türkei abgewendet werden. Was Schweden betraf, so setzte Władysław IV. einerseits seine diplomatischen Bemühungen fort und bereitete sich andererseits auf einen militärischen Einsatz vor. Glücklicherweise kam es zu keinem Krieg und 1635 wurde ein Waffenstillstand unterzeichnet (der bis 1661 dauern sollte). Obwohl der Konflikt zu diesem Zeitpunkt vermieden werden konnte, wird dies manchmal als ein Versagen der Republik angesehen. Es war jedoch bekannt, dass er wiederbelebt werden würde, da Władysław IV. noch immer – wie sein Vater vor ihm – Anspruch auf die schwedische Krone erhob und die Situation in den Livländern, die damals bereits zwischen Polen und Schweden aufgeteilt waren, für jeden dieser Staaten ein Zünglein an der Waage war.

JAN III SOBIESKI

Der letzte polnische König, der einen Beitrag zur polnischen Staatlichkeit leistete, war Jan III. Sobieski (1674-1696). Im Volksbewusstsein der Zeitgenossen und der Nachwelt war und ist er ein Nationalheld, der am 12. September 1683 in Wien die Türken besiegte. Dieser Sieg brachte jedoch keine greifbaren Vorteile für die Republik, sondern stärkte Österreich.

 Es lohnt sich daher, an seine militärischen Erfolge bei der Verteidigung der polnisch-litauischen Gebiete gegen die Tataren und Türken (Pidhajzi, Chotyn, Párkány) zu erinnern.

Es wird immer wieder betont, dass die Republik im 18. Jahrhundert, als sie ihre Souveränität und schließlich ihre Unabhängigkeit verlor, einen solchen herausragenden Feldherrn als Herrscher hätte haben sollen.

Über den Autor
fot. Bartosz Kałużny / UŁ

Dr. Joanna Orzeł: Historikerin und Expertin für Polonistik, zurzeit wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für Geschichte der Universität Łódź. Zu ihren wissenschaftlichen Schwerpunkten gehören: Kulturgeschichte (insbesondere die Adelskultur in der Republik Beider Nationen Polen-Litauen), kulturelle und intellektuelle Geschichte des 18. Jahrhunderts und Verlagswesen (sowohl im historischen als auch im gegenwärtigen Kontext). Sie leitete mehrere nationale und internationale Projekte, u.a. gefördert durch das polnische Nationale Wissenschaftszentrum, die Stiftung der Familie Lanckoroński aus Brzezie oder die französische Regierung (Séjour Scientifique de Haut Niveau).

Das Projekt wurde aus den Mitteln der Kanzlei des Polnischen Ministerpräsidenten im Rahmen des Wettbewerbs „Polonia und Polen im Ausland 2022“ gefördert

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